In der Ausgabe Juni 2006 des "Harvard Business Manager" wird das Thema "Wann Topmanager sich entschuldigen sollten" sehr ausführlich (auf 12 Seiten, Werbung nicht mitgezählt) besprochen. Das ist ganz interessant. Der Artikel an sich ist sehr ausgewogen, lediglich die kurze Zusammenfassung (im Sinne eine Managementinfo) finde ich unangenehm und an einer wichtigen Stelle verfälschend wiedergegeben.
Aber mal zur Sache: Was macht eine gute Entschuldigung aus?
Eine gute Entschuldigung…
… gesteht den Fehler ein,
… übernimmt Verantwortung,
… drückt bedauern aus,
… versichert, dass sich der Verstoß nicht wiederholen wird,
… kommt zum richtigen Zeitpunkt.
Mit dem richtigen Zeitpunkt ist tatsächlich interessant. Kann man sich zu früh entschuldigen? Ich denke eigentlich schon, aber dann kann man sich ja notfalls noch mal entschuldigen.
Deutlich unwohl fühle ich mich bei der Empfehlung aus dem "Kompakt"-Block:
Wann? Führungspersonen sollten nur dann um Verzeihung bitten, wenn der Fehler ernste Konsequenzen hat, wenn der Preis für die Entschuldigung geringer ist als der Preis für das Schweigen und wenn die Entschuldigung einem wichtigen oder moralischen Zweck dient.
OK, hier geht es um "öffentliche" Entschuldigungen, aber dennoch sehe ich das anders. Ich denke, dass Manager aus diesem Grunde heutzutage kein hohes Ansehen mehr haben. Nicht nur Politiker lügen und betrügen (".. es war doch aber nur für die Partei…"), sondern auch Manager und bekannte Persönlichkeiten. Da fehlt es einfach an Vorbildern. Es gibt so viele schlechte Vorbilder. Im Text werden auch ein paar Vorbilder genannt, die sich ehrenhaft verhalten haben. Mein Eindruck ist, dass es nur noch wenige gibt, die freiwilig für etwas die Verantwortung übernehmen und sich für Fehler ihres Unternehmens oder eigene Fehler entschuldigen. Besonders peinlich sind diejenigen, die immer nur das zugeben, was ihnen einwandtfrei nachgewiesen wurde…
Ein wichtiger moralischer Zweck ist doch immer gegeben, wenn man einen Fehler entdeckt, der zu Lasten anderer geht, oder?
😉
Möglicherweise ist das genau der springende Punkt: Wenn man eingesteht, dass man einen Fehler gemacht hat, der zu Lasten eines anderen geht, dann muss man den anderen ja eigentlich auch entschädigen. In dem Artikel werden ein paar us-amerikanische Beispiele genannt, wo sich zwar Firmenchefs bei Betroffenen entschuldigt haben, aber vor Gericht gesagt haben, dass es sich dabei nicht um ein Schuldeingeständnis gehandelt habe…