Ich liebe Blogs – jeder kann seine Meinung schreiben, im vertretbaren Rahmen aus dem Nähkästchen plaudern und auf die Beiträge anderer reagieren.
Letzte Woche kritisierte beispielsweise Joel Spolsky das neue Windows-Vista Shutdown-Menü. Ich habe es noch nicht in echt gesehen, aber der Screenshot liegt bei: Die Vielfalt ist wirklich unnötig verwirrend.
Drei Tage später greift Moishe Lettvin das Thema in seinem Blog auf. Er war bis vor kurzem Entwickler bei Microsoft (jetzt bei Google) und war mit 8 weiteren Kollegen ein Jahr lang mit dem Thema beschäftigt. Er beschreibt sehr deutlich, wie es sein kann, dass man mit so einem Menü 1 Jahr lang 8 Leute beschäftigt.
But here's how the design process worked: approximately every 4 weeks, at our weekly meeting, our PM would say, "the shell team disagrees with how this looks/feels/works" and/or "the kernel team has decided to include/not include some functionality which lets us/prevents us from doing this particular thing". And then in our weekly meeting we'd spent approximately 90 minutes discussing how our feature – er, menu – should look based on this "new" information. Then at our next weekly meeting we'd spend another 90 minutes arguing about the design, then at the next weekly meeting we'd do the same, and at the next weekly meeting we'd agree on something… just in time to get some other missing piece of information from the shell or kernel team, and start the whole process again.
In dem Blog-Beitrag gibt es so unglaublich viele unglaubliche Dinge, dass ich dringend empfehle auch das Original zu lesen. Hier ein paar Highlights und meine Kommentare dazu:
- Im Team hatten sie einen Mac als Vorbild für eine gute Benutzeroberfläche. Jeder weiß, dass Windows immer wieder den Mac nachmachte, und jeder weiß, dass Apple diesen legendären benutzerfreundlichen Ruf hat, aber dass Microsoft-Mitarbeiter sich so sehr davon inspirieren lassen, finde ich schon krass.
- Die Art des Software-Zusammenbau finde ich interessant. Vom Konzept ist das schon ziemlich schlau: hierarchische Integration zuerst nach oben und dann nach unten. Wenn es sonst keinen Austausch gibt, dann verursacht der mangelnde Informationsfluss natürlich "Reibungsverluste".
Dagegen haben wir bei uns auch noch kein gutes Mittel gefunden. Immerhin probieren wir an dieser Stelle ab uns an mal etwas aus und haben so auch schon Doppelarbeit vermieden. - Der Abstimmprozess bei Microsoft wird als so schlecht dargestellt, dass kann ich kaum glauben. Aber es ermutigt mich. Wir verwenden in unserer Firma Reviews, die ich erst in den letzten Jahren schätzen lernte: Sie verursachen unheimlich viel Aufwand, aber bewirken, dass alle beteiligten Personen zur gleichen Zeit mit in die Abstimmung involviert werden. Sie sind für die "Autoren" so aufreibend, dass ich zuerst immer nur genug habe. Damit wird aber sehr wirksam das beschriebene Hin und Her verhindert. Die relevante Bedenken/Probleme/Ideen/Einwände kommen rechtzeitig auf den Tisch und können berücksichtigt werden. Das ist wirklich wertvoll!
Ich beschreibe demnächst mal wie das bei uns abläuft.
Ich habe jedenfalls den Eindruck, dass Microsoft diesen Kollegen regelrecht vergrault hat…
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